Teilprojekt 2
Gen x Umwelt-Interaktionseffekte auf Gehirn und Verhalten im genetischen Cacna1c Rattenmodell: Calcium-abhängie Signalübertragung, mikroRNAs und Immunaktivierung
Prof. Dr. Markus Wöhr, Prof. Dr. Rainer Schwarting
Philipps-Universität Marburg, Fachbereich Psychologie, AG Allgemeine und Biologische Psychologie
Genetische und umweltbedingte Risikofaktoren tragen zur Entwicklung affektiver Störungen (AS; depressive und bipolare Störung) bei. Die der Interaktion dieser Faktoren zugrundeliegenden neurobiologischen Mechanismen sind bislang jedoch ebenso kaum bekannt wie die Art und Weise, wie sich diese auf Hirnstruktur und -funktion auswirkt. Teilprojekt 2, tierexperimentelles Rückgrat der FOR2107, adressiert diese Fragen im Rahmen eines GenxUmwelt (GxU)-Ansatzes unter Verwendung eines genetischen Cacna1c Rattenmodells. In der ersten Förderphase konnten wir substantielle Hinweise auf vielfältige Verhaltensänderungen bei Cacna1c+/-Ratten erbringen, darunter erhöhtes Angst-ähnliches Verhalten, abgeschwächte Präpulsinhibition der Schreckreaktion unter Apomorphin, Umlerndefizite in einer räumlichen Lernaufgabe, sowie Beeinträchtigungen im Bereich Sozialverhalten und akustische Kommunikation. Von besonderer Relevanz ist die fast vollständig fehlende Hemmung Amphetamininduzierten Manie-ähnlichen Verhaltens nach Gabe von Lithium bei Cacna1c+/- Ratten. Die umweltbedingte Verhaltensmodulation wurde von GxU-Interkationen auf den Ebenen Neurobiologie, Immunsystem und epigenetischer Regulation begleitet. So wurde im Hippocampus von Cacna1c+/+ Ratten eine weit verbreitete Reduktion reifer mikroRNA (miRNA) in Folge sozialer Isolation (SI; Modell für Misshandlung) beobachtet, was jedoch bei Cacna1c+/- Ratten kaum feststellbar war. Die große Mehrzahl der miRNAs (>80%) unterlag somit einer GxU-Interaktion, was darauf hinweist, dass die meisten hippocampalen miRNAs durch eine Kombination aus genetischen und umweltbedingten Faktoren reguliert werden (Kooperation Teilprojekt 3). Ferner evozierte SI bei Cacna1c+/+ Ratten eine Immunantwort mit erhöhten Werten proinflammatorischer Zytokine. Eine solche Immunantwort trat bei Cacna1c+/- Ratten nicht auf, was auf erhöhte Resilienz hindeutet (Kooperation Teilprojekt 4). In der zweiten Förderphase werden wir mittels unseres etablierten GxU Cacna1c Rattenmodells biopsychologische Mechanismen identifizieren, die den Beeinträchtigungen im Bereich Sozialverhalten und akustische Kommunikation zugrunde liegen; ein neues Verhaltensparadigma zur Erfassung bipolarer Stimmungsschwankungen entwickeln; und Veränderungen bezüglich Calcium-abhängiger Signalübertragung im präfrontalen Kortex und Hippocampus mit AS-relevanten Verhaltensdefiziten in Beziehung setzen. Zusammen mit WP3 werden wir mit dem Ziel SI-induzierte AS-relevante Verhaltensdefizite durch Wiederherstellung der miRNA-Biogenese zu behandeln ferner miRNA-Manipulationen (intrazerebrale Injektion Adenoassoziierter Viren; rAAV) im präfrontalen Cortex und Hippocampus durchführen. Schließlich werden wir mit Teilprojekt 3 und Teilprojekt 4 Effekte dieser Manipulationen auf Immunsignaturen untersuchen, und umgekehrt, den Effekt von Immunstimulation bezüglich AS-relevanter Phänotypen. Dieser eng verzahnte Ansatz verspricht neue Erkenntnisse bezüglich miRNABiogenese und Immunsystem für die Ätiologie und Behandlung von AS